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Haben Sie heute schon gelobt?

Wer wünscht es sich nicht, das lobende Wort über die eigene Leistung?


Wir hoffen: Sie!


Aber warum? Lob ist doch etwas Schönes. Auf den ersten Blick scheint das zu stimmen. Lob schmeichelt dem Gelobten und er fühlt sich gut, gesehen, wertgeschätzt. Und er ist bereit, noch mehr zu leisten als zuvor. Daran ist doch nichts Schlechtes.


Leider doch. Denn Lob ist manipulativ. Es lenkt Verhalten in gewünschte Bahnen, von denen der Lobende meint, dass es die richtigen sind. Es zielt auf den Wiederholungseffekt ab und hofft, dass der Gelobte seine Handlung bereitwillig erneut ausübt. Es versucht, künstlich Motivation beim Gelobten zu erzeugen. Und das funktioniert erstmal auch – aber eben nur erstmal.


Die beflügelnde Wirkung des Lobes lässt nämlich nach, sobald man mehrere „Lobrunden“ durchlaufen hat. Und dann schlägt sie in Verstimmung um. Der Tauschcharakter des Lobes kommt zum Vorschein: Lob gibt es nur gegen Leistung. Es bezieht sich auf ein Handeln, nicht auf den Mitarbeiter selbst. Es hat nichts damit zu tun, dass der Mitarbeiter gesehen und gewürdigt wird. Sein Engagement und seine Haltung zur Arbeit sind nicht wichtig, sondern nur das Ergebnis. Die Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter bleibt also aus.


Erinnern Sie sich daran, wann Sie einmal überschwänglich von Ihrem Chef gelobt wurden? Wahrscheinlich hat es sich im ersten Moment gut angefühlt: endlich wurden Ihre Leistung und Ihr Einsatz bemerkt und gewürdigt. Doch irgendwie blieb auch ein schaler Beigeschmack: „Das war jetzt alles für die vielen Wochen harter Arbeit? Das ist das Ergebnis meines Einsatzes für das Unternehmen? Ein paar Worte und dann wieder Business as usual?“. Das ist ernüchternd – und demotivierend.

 

Aber Lob kann noch viel mehr.


  • Es bringt Sie in Verlegenheit, besonders wenn es ausufernd und vor großem Publikum überbracht wird. Was sollen Sie dazu auch sagen außer „Danke“?

  • Es kann Unmut im Team schüren, wenn das Lob nicht an alle Beteiligten adressiert wird. Oder wenn ein Ergebnis als Teamleistung gelobt wird, die gar keine war.

  • Es erzeugt Abhängigkeit von weiteren Lobesarien. Denn warum wird man das eine Mal gelobt, das andere Mal aber nicht? Dann stellt man doch seine Leistung ein, wenn sie nicht mehr gewürdigt und stattdessen als selbstverständlich angesehen wird.

  • Es verschleiert den Blick auf Verbesserungspotenziale und wiegt Mitarbeiter in falscher Sicherheit. Warum sollte ein Mitarbeiter nach neuen Lösungen suchen, wenn ihm das Lob suggeriert, dass er immer alles perfekt macht?


Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass Lob den Blick immer von der Sache weg und auf den Chef und seine Einschätzung lenkt. Denn jedem Lob geht immer ein Bewertungsvorgang voraus. Der Vorgesetzte befindet darüber, ob die Handlung des Mitarbeiters gut und richtig ist. Wieso kann der Mitarbeiter nicht selbst bewerten, ob sein Handeln im Sinne des Unternehmens und des Kundens ist? Anstatt ihm die Bewertung selbst zu überlassen, muss er die Einschätzung oder besser das Urteil seines Vorgesetzten über sich ergehen lassen.


Hier zeigt sich: Lob ist hierarchisch, gelobt wird von oben nach unten. Wir kennen es von Eltern und Kindern und von Lehrern und Schülern. Es findet nicht auf Augenhöhe, von Erwachsenem zu Erwachsenem, statt. Aber mit wem haben wir den Arbeitsvertrag geschlossen? Mit jemandem, zu dem wir Aufsehen und dessen Bewertung wir als einzig gültigen Maßstab annehmen müssen? Oder mit jemandem, der unmündig ist und den wir den ganzen Tag an die Hand nehmen müssen? Doch wohl mit einem Erwachsenen. Und genau deshalb sollten wir auf der Erwachsenenebene bleiben und das Loben lassen. Denn Mitarbeiter wissen selbst, wann sie gute Arbeit geleistet haben. Stolz darüber entsteht in ihnen von allein, ohne dass sich die Führungskraft einmischt.


Was ist die Alternative?


Führungskräfte können sich bei Fortschritten und Erfolgen mitfreuen: für den Mitarbeiter, seinen Lernprozess und das Erreichen seines Wunschergebnisses. Mehr nicht. Ja wirklich, das reicht. Denn das ist Anerkennung auf Erwachsenenebene.


Die Signale an Ihre Mitarbeiter „Ich interessiere mich für dich und deine Fortschritte“ und „Ich vertraue darauf, dass du es richtig machst - für den Kunden und den Unternehmenserfolg“ sind so viel mehr wert als irgendein noch so blumig ausformuliertes Lob von Ihnen.


Ihre Mitarbeiter wünschen sich Beachtung, Aufmerksamkeit, Interesse, Wärme im Umgang und Herzlichkeit. Wenn Sie mit ihnen in gutem Kontakt sind, braucht es kein Lob.


Vielleicht helfen Ihnen zwei andere Blickwinkel dabei, Ihren richtigen Umgang mit Lob zu finden.


  • Handhaben Sie es wie mit Ihrem Steuerberater, Anwalt oder Banker. Bleiben Sie auf Augenhöhe. Professionell und immer mit dem Gedanken, Ihrem Gegenüber nicht auf die Füße zu treten. Dann fallen Lobesausdrücke wie „Das haben Sie sehr gut gemacht“ ganz von allein unter den Tisch. Oder reden Sie so mit Ihrem Steuerberater oder Anwalt?

  • Drehen Sie die Lobhierarchie gedanklich einmal um: Sie loben Ihren Chef, klopfen ihm gönnerisch auf die Schulter und sagen: „Eine hervorragende Arbeit, die Sie da geleistet haben. Mitarbeiter wie Sie sind Gold wert!“. Was meinen Sie, wie Ihr Chef reagieren wird?


Und einen letzten Punkt wollen wir uns noch kurz ansehen, das Gegenteil von Lob, den Tadel. Wer einen anderen lobt, darf ihn auch tadeln. Möchten Sie für Ihre Arbeit, die Sie mit den besten Absichten für das Unternehmen verrichtet haben, getadelt werden? Und um wessen Sichtweise geht es dabei? Mitarbeiter, die sich nicht am Kunden und dem Mehrwert für das Unternehmen ausrichten, sondern vorrangig an der Meinung des Chefs, werden wenig Gutes zuwege bringen. Befreien Sie sie von dieser Bürde und lassen Sie Ihre Mitarbeiter einfach ihren Job machen.



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